Irgendwie klingt das verrückt. Aber ein bisschen verrückt sind wir doch alle. Und – es funktioniert wirklich! Wenn draußen der Frost klirrt und die Tage kürzer werden, wirkt der Gedanke an frisches Gemüse oft wie ein ferner Sommertraum. Vielleicht kennst du das Gefühl, wenn du im Winter Lust auf knackigen Salat, frische Kräuter oder ein paar saftige Sprossen hast – und der Blick in die Gemüseabteilung dich eher ernüchtert. Die Preise steigen, die Qualität sinkt und von „regional“ ist im Januar kaum mehr die Rede.
Gemüse von der Fensterbank?
Was wäre, wenn du dir deine eigenen grünen Vitaminbomben ganz einfach selbst ziehen könntest – mitten im Winter, ohne Balkon, ohne Garten, ohne großes Equipment?
Die Antwort liegt näher als du denkst: auf deiner Fensterbank oder im beheizten Wintergarten.
Die Fensterbank ist eine kleine, unterschätzte Oase. Sie ist hell, warm und in jedem Haushalt vorhanden. Und sie kann zu deinem ganz persönlichen Mini-Garten werden, der dir das ganze Jahr über frisches, gesundes und aromatisches Gemüse liefert.
Hier zeigen wir dir Schritt für Schritt, wie du mit einfachen Mitteln Gemüse und Kräuter auf der Fensterbank anbaust, welche Sorten sich am besten eignen, wie du Lichtmangel im Winter meisterst und wie du dich sogar in der kältesten Jahreszeit teilweise selbst versorgen kannst.
Mach es dir bequem – und lass uns gemeinsam in die Welt der Fensterbank-Selbstversorgung eintauchen.
Warum Gemüseanbau auf der Fensterbank überhaupt sinnvoll ist
Bevor wir in die Praxis starten, lass uns kurz klären, warum der Anbau auf der Fensterbank mehr ist als ein nettes Hobby.
- Du bist unabhängig von Jahreszeiten: Draußen ist Winter? Auf deiner Fensterbank herrscht Frühling. Du bestimmst die Bedingungen, nicht das Wetter.
- Du weißt, was drinsteckt: Keine Pestizide, keine langen Transportwege, keine Verpackung – nur frisches Grün, das du mit eigenen Händen gezogen hast.
- Es kostet fast nichts: Ein paar Töpfe, etwas Erde und Samen – mehr brauchst du nicht. Und vieles lässt sich sogar aus Küchenabfällen ziehen.
- Es ist gesund: Frisches Blattgemüse, Kräuter und Sprossen enthalten mehr Vitamine und sekundäre Pflanzenstoffe als monatelang gelagerte Importware.
- Es macht glücklich: Wenn du im Winter ein kleines Beet neben dir hast, in dem neues Leben sprießt, hebt das spürbar die Stimmung. Pflanzen sorgen für Farbe, Duft und eine Verbindung zur Natur.
Welche Fenster eignen sich am besten?
Bevor du loslegst, solltest du klären, wo deine Mini-Gärten am meisten Erfolg haben.
Südfenster: das Optimum
Ein Südfenster bietet am meisten Licht – im Winter Gold wert.
Hier kannst du fast alle Gemüsearten ziehen, selbst Lichtliebhaber wie Tomaten (auch als Zwergsorten) oder Paprika. Für unseren Winterfokus sind Südfenster ideal.
West- und Ostfenster: gut geeignet
Diese Fenster bekommen morgens oder abends Licht.
Perfekt für Salate, Kräuter, Spinat oder Cut-and-Come-again-Gemüse.
Nordfenster: nur eingeschränkt nutzbar
Hier ist das Licht im Winter knapp.
Ideal sind:
- Sprossen
- Microgreens
- Kräuter wie Minze oder Petersilie
Mit künstlicher Beleuchtung geht aber auch deutlich mehr.
Wenn du keine optimalen Fenster hast, kannst du mit LED-Pflanzenlampen viel kompensieren.
Licht im Winter – das größte Hindernis und die Lösung
Winter heißt Lichtmangel.
Gemüse braucht mindestens 6 Stunden Licht, viele Sorten sogar mehr.
Option 1: natürliches Licht maximal nutzen
- Stell die Pflanzen direkt ans Fenster, so nah wie möglich ans Glas.
- Vermeide Vorhänge oder Fensterdekorationen, die Licht wegnehmen.
- Reinige die Scheiben regelmäßig – klingt banal, bringt aber spürbar mehr Licht.
Option 2: künstlich beleuchten
Wenn du ernsthaft Selbstversorgung im Winter anstrebst, führt kaum ein Weg daran vorbei.
Geeignet sind:
- LED-Pflanzenlampen mit 4000–6500 Kelvin
- Energiesparend, kaltweiß, volle Lichtspektren
- Abstand: ca. 20–30 cm über den Pflanzen
- Beleuchtungsdauer: 10–12 Stunden/Tag
Eine einfache Zeitschaltuhr erledigt den Rest.
Welche Gemüsearten eignen sich für die Fensterbank?

Nicht jede Pflanze fühlt sich in der Wohnung wohl. Aber viele tun es! Besonders wenn du Sorten wählst, die:
- schnell wachsen,
- kompakt bleiben,
- nicht viel Wurzelraum benötigen,
- kühlere Temperaturen verkraften.
Hier ist eine Übersicht der besten Fenstergemüse für den Winter:
Microgreens – die Champions der Winterernte
Microgreens sind Jungpflanzen, die du nach 7–14 Tagen erntest.
Super nährstoffreich, extrem platzsparend.
Geeignete Sorten:
- Radieschen
- Brokkoli
- Rote Bete
- Erbsen
- Senf
- Sonnenblumen
Du brauchst:
- flache Schale
- Erde oder Küchenpapier
- Samen
Microgreens sind perfekt, um deinen Winter-Speiseplan zu boosten.
Sprossen – Gemüse ohne Erde
Noch einfacher als Microgreens.
Sprossen wachsen in 3–7 Tagen und brauchen nicht einmal Licht.
Ideal im Winter:
- Alfalfa
- Mungbohnen
- Linsen
- Radieschen
- Kichererbsen
- Brokkolisamen
Du brauchst:
- Sprossenglas oder feines Sieb
- Wasser
- Samen
2–3 Mal täglich spülen – fertig.
Schnittsalate und Baby Leaf
Schnelle Sorten, mehrfach ernten, ideal für kalte Fensterbänke.
Sorten:
- Pflücksalate
- Rucola
- Asia-Salate
- Spinat
- Mangold (als Baby Green)
Sie wachsen gut bei 10–18 °C – also perfekt für die Fensterbank, die oft kühler ist.
Kräuter
Kräuter sind ideal für Anfänger und bringen Aroma in deine Winterküche.
Gut geeignet:
- Petersilie
- Schnittlauch
- Basilikum (wärmeliebend, am besten am Südfenster)
- Minze
- Thymian
- Koriander
- Dill
Zwerg-Paprika und Mini-Tomaten für Fortgeschrittene
Im Winter nur mit Zusatzlicht empfehlenswert.
Wichtig:
- warme Fensterbank
- tiefe Töpfe
- regelmäßiges Düngen
- Handbestäubung durch leichtes Schütteln
Wurzelgemüse – ja, sogar das geht!
Einige Sorten gedeihen auch in tiefen Fenstertöpfen.
Probier’s mal mit:
- Radieschen (sehr einfach)
- Mini-Karotten
- Steckzwiebeln (für Zwiebelgrün)
Regrowing – Gemüse aus Küchenabfällen
Praktisch, fast kostenlos und echte Winterhelden.
Regrowing klappt super mit:
- Frühlingszwiebeln
- Sellerie
- Salatherzen
- Karottengrün (für Pesto)
- Lauch
- Ingwer
Nur in Wasser stellen – und beobachten, wie neues Leben entsteht.
Was du an Material brauchst
Keine Sorge – du musst kein Geld für teure Ausstattung ausgeben.
Deine Grundausstattung:
- Töpfe oder Schalen
(für Salat 10–15 cm Tiefe, für Kräuter 12 cm, für Wurzeln tiefer) - Blumenerde oder Gemüseerde
- Untersetzer
- Seeds oder Stecklinge
- Gießkanne mit feiner Tülle
- Sprühflasche
- Optional: LED-Lampe und Zeitschaltuhr
Mehr brauchst du nicht, um zu starten.
Wie du Schritt für Schritt auf der Fensterbank anbaust
- Töpfe befüllen – Fülle die Gefäße locker mit Erde und drücke sie leicht an.
- Aussäen – Halte dich an die Angaben auf den Samentütchen. Kleine Samen oben drauf streuen und nur mit etwas Erde bedecken. Größere Samen ein paar Millimeter tief einsetzen.
- Feucht, aber nicht nass halten – Sprühen ist besser als Gießen, besonders am Anfang. Staunässe vermeiden – das ist die häufigste Ursache für Probleme.
- Warm stellen für die Keimung – Die meisten Samen keimen bei 18–22 °C. Danach mögen viele Gemüsearten es etwas kühler (z. B. Spinat, Salate).
- Licht, Licht, Licht – Sobald die Pflanzen keimen, brauchen sie viel Licht. Je früher, desto besser.
- Pflegen und vereinzeln – Pflanzen nicht zu eng stehen lassen. Entferne schwache Keimlinge.
- Regelmäßig ernten – Viele Sorten wachsen umso stärker nach, je häufiger du erntest.
Düngen – ja oder nein?
Im Winter wachsen Pflanzen langsamer, daher ist weniger Dünger nötig.
Regeln:
- Bei kurzen Kulturen (Microgreens, Sprossen): kein Dünger nötig.
- Bei Kräutern und Salaten: alle 2–3 Wochen etwas Flüssigdünger.
- Finger weg von Überdüngung – das führt zu schlaffen Pflanzen.
Fensterbank-Gemüse im Winter: typische Probleme und Lösungen
| Problem | Ursache | Lösung |
|---|---|---|
| Lange, dünne Triebe („Vergeilung“) | Zu wenig Licht | Näher ans Fenster stellen oder LED-Pflanzenlampe nutzen |
| Schimmel auf der Erde | Zu feucht, zu wenig Luftzirkulation | Weniger gießen, Oberfläche mit Sand abdecken |
| Gelbe Blätter | Nährstoffmangel oder Überwässerung | Leicht düngen oder Gießmenge reduzieren |
| Trauermücken | Feuchte Erde | Gelbtafeln verwenden, Erde im Ofen sterilisieren, Neemöl einsetzen |
Wie viel Selbstversorgung ist im Winter möglich?

Das kommt auf deinen Platz und dein Engagement an.
Aber schon mit einer einfachen Fensterbank kannst du:
✔ tägliche Portionen Sprossen und Microgreens ernten
✔ wöchentlich Salate und Kräuter schneiden
✔ Zwiebelgrün, Selleriegrün und Regrow-Gemüse nutzen
✔ kleine Radieschen oder Baby Leaf anbauen
Wenn du mehrere Fenster hast und zusätzlich eine Pflanzenlampe nutzt, kannst du im Winter erstaunlich viel selbst produzieren.
Das Ziel ist nicht, 100 % Selbstversorgung zu erreichen – sondern frisches, gesundes Essen im Winter zu erzeugen, das dir Freude macht.
Ein Beispiel: dein Wochenplan einer Winter-Fensterbank-Ernte
- Täglich: Sprossen (z. B. Brokkoli oder Mungbohnen)
- Alle 3–4 Tage: Microgreens
- Wöchentlich: Kräuter (Schnittlauch, Basilikum, Thymian)
- Alle 1–2 Wochen: Baby Leaf, Rucola oder Asia-Salate
- Alle 3 Wochen: Radieschen
Mit dieser Mischung bekommst du ständig frisches Grün – mitten im Winter.
Deine Fensterbank kann viel mehr, als du denkst
Der Winter muss nicht grau, trostlos und vitaminarm sein.
Mit ein paar Töpfen, etwas Erde und ein bisschen Geduld kannst du dir deine eigene kleine Oase erschaffen. Eine Oase voller Aroma, Farbe und Lebenskraft – direkt auf deiner Fensterbank.
Du brauchst keinen Garten, kein Gewächshaus, keinen grünen Daumen.
Nur die Bereitschaft, etwas Neues auszuprobieren und deinen Alltag ein kleines bisschen grüner zu machen.
Wenn du einmal anfängst und siehst, wie schnell die ersten Microgreens wachsen oder wie der Salat nach der Ernte wieder austreibt, wirst du merken: Fensterbank-Gärtnern ist nicht nur praktisch – es macht richtig Spaß.
Also: Warum warten?
Hol die Töpfe, streu die Samen und mache dein Zuhause zu deinem winterlichen Mini-Garten.
Gutes Gelingen – und viel Freude beim Ernten! Berichte uns doch mal, was auf deiner Fensterbank gewachsen ist und wie du dich im Winter mit frischem Gemüse versorgst.